Angeregt von Ayo Isaiahs Artikel âHow to choose the right laptop for programmingâ schreibe ich hier einmal auf wie es ausgegangen ist, als ich mir zur Jahreswende die gleiche Frage stellte. Und am Ende bei etwas komplett anderem gelandet bin, als ich mir eigentlich vorgestellt hatte. Die Geschichte dazu findet vielleicht der ein oder andere unterhaltend. Oder sieht sie als warnendes Beispiel đ
Was ich (glaubte) zu wollen
Ich suchte einen Laptop als privates GerĂ€t fĂŒr kleinere Softwareentwicklungsprojekte. Warum einen Laptop? Weil ich schon seit mehr als 15 Jahren auf solchen GerĂ€ten entwickle. Bei den ersten Suchen im Netz waren dabei meine Schlagworte meist so etwas wie âDev Laptopâ, â16GBâ, âLinuxâ, âSSDâ. Und irgendwie landete ich dabei immer wieder bei Dells XPS Reihe und ihren Ă€uĂerst positiven Rezensionen wie hier von The Verge.
Vielleicht hat mich dann dieses wunderschöne GerĂ€t allmĂ€hlich auf die ’schiefe Bahnâ gebracht und nach und nach den Ă€sthetischen Aspekt in den Vordergrund treten lassen: Hat man sich erst einmal in ein so flaches GerĂ€t mit nahezu randlosem, sehr hoch auflösendem Display verliebt wirken Produkte, die eigentlich deutlich pragmatischer sind, plötzlich blass und uncool. Und es gibt sogar Versionen mit Linux drauf. Auch das ich in den Jahren zuvor viel Zeit auf einem MacBook verbracht habe hat sicher dazu gefĂŒhrt, dass ich auf keinen Fall irgendeine âKlapperkisteâ erwerben wollte.
Was ich dann tatsÀchlich erwarb
Leider gab es ein Problem mit der XPS Reihe: Schönheit hat ihren Preis und in der Ausstattungslage, die ich mir vorstellte, gab es nichts unterhalb von eineinhalb tausend Euro. Zu viel fĂŒr ein GerĂ€t, welches im Haushalt neben Smartphone, Pixel C Tablet samt Tastatur, verschiedenen Chromebooks, dem MacBook und einem alten Windows Laptop wĂŒrde um seinen Platz kĂ€mpfen mĂŒssen.
Nachdem ich daher lange in SchnĂ€ppchen- und Kleinanzeigenseiten vergeblich darauf gewartet hatte ein gĂŒnstiges (Gebraucht)GerĂ€t zu finden war klar, dass es kein XPS werden wĂŒrde. Da inzwischen aber schon so viel Zeit vergangen war wurde es Zeit fĂŒr einen Spontankauf. Von einem Kollegen auf den in MĂŒnster beheimateten GebrauchtgerĂ€tehĂ€ndler Lapstore gebracht ging es dann ganz schnell: Durch die von der XPS Fixierung erzeugt Fokussierung auf gutes Aussehen und eine dĂŒnne Bauform schlug ich dann bei einem Lenovo Yoga 600 Ultrabook zu. NatĂŒrlich in der goldenen Variante:

Und wie gut erfĂŒllt nun das GerĂ€t meine ursprĂŒnglich formulierten AnsprĂŒche? Hier halte ich mich grob an die Kategorien, die Isaiah gewĂ€hlt hat:
MobilitÀt
Das ist einer der wenigen Punkte, bei denen ich mir treu geblieben bin: Ich wollte ein GerĂ€t, welches eher mobil als extrem leistungsfĂ€hig ist. Das habe ich mit diesem Ultrabook erreicht: Der Bildschirm ist ausreichend groĂ, aber nicht zu groĂ, es ist sehr, sehr flach und man kann in jeder Tasche Platz dafĂŒr schaffen, in dem man die cât herausnimmt. Die dann spĂ€ter – als die ersten Kratzer aufgetreten waren – beschaffte FilzhĂŒlle macht das GerĂ€t ca. doppelt so dick, aber es ist immer noch sehr flach.
Display
Das Display ist kraĂ. FĂŒr mich ist es der erste Laptop mit einer Auflösung, die der schon lange von Smartphone und Tablet gewohnten nahekommt (QHD+). Braucht man das? Vielleicht nicht, und die hohe Pixeldichte macht auch manchmal Probleme, z. B. bei einigen Java Anwendungen, die ohne Anpassungen in winzigen SchriftgröĂen daher kommen. Aber wenn es klappt, dann sieht es sehr, sehr gut aus.
Es ist auch mein erster Windows Laptop mit Touchscreen. Ich habe mich frĂŒher oft verĂ€chtlich ĂŒber den Sinn eines Touchscreens in GerĂ€ten mit fest eingebauter Tastatur geĂ€uĂert und zwar in dem Sinne, warum man ein BedĂŒrfnis haben sollte den Bildschirm unnötigerweise mit seinen FingerabdrĂŒcken zu besudeln?
TatsĂ€chlich bemerkte ich in den letzten Jahren aber immer hĂ€ufiger, dass ich unbewusst damit begann auf allen möglichen Bildschirmen herum zu wischen, einfach weil inzwischen die Mehrzahl der benutzten GerĂ€te (Smartphone, Tablet, Chromebook) das bot. Ich könnte auch weiterhin ohne die Touchfunktion leben, aber gelegentlich ist sie – z. B. beim Lesen langer Texte bzw. beim Surfen – einfach praktisch.
Bei der Gelegenheit auch ein Wort zur Möglichkeit das Display komplett herum zu klappen und damit das GerĂ€t in ein klobiges Tablet zu verwandeln: Das habe ich ein einziges Mal gemacht, fĂŒr mich ist es ein wenig nĂŒtzliches Gimmick. Allerdings nutze ich tatsĂ€chlich recht hĂ€ufig die damit verbundene Möglichkeit das Display extrem flach anzustellen, z. B. wenn ich auf dem Laptop etwas lese.
Was mich tatsÀchlich an dem Bildschirm insgesamt nervt sind die sehr starken Spiegelungen. Gerade die Chromebooks, die ich meist zum Schreiben langer Texte verwende, sind alle matt, und bei dem MacBook ist es mir nie so störend aufgefallen. Vielleicht liegt es bei Yoga daran, dass nicht nur der Bildschirm spiegel, sondern auch der schwarze Rand drumherum. Das ist wirklich unnötig.
CPU & LĂŒfter
Erst als der LĂŒfter des Yoga zum ersten Mal ansprang und sich lange nicht mehr ausschalten wollte fiel mir ein, dass ich jahrelang GerĂ€te genutzt habe, die entweder:
- keinen LĂŒfter hatten,
- so gut belĂŒftet waren, dass er nie anspringen musste oder
- deren LĂŒfter unhörbar leise war.
Keiner dieser Punkte trifft auf das Yoga zu und gerade die manchmal stundenlangen Windows 10 Updates verbringt das GerÀt gerne mit einem unangenehmen Dauergepuste aus den schicken LuftauslÀssen:

Nervig. Bei der fĂŒr mich normalen Entwicklungsarbeit (Java, Eclipse) hingegen verhĂ€lt er sich zum GlĂŒck meist ruhig.
Die CPU ist eine i5. Reicht fĂŒr mich und ein i7 hĂ€tte die LĂŒfter- und Batterieprobleme vermutlich noch weiter verschĂ€rft.
RAM
Ich bin dann doch bei nur 8 GB gelandet. FĂŒr mich reicht es, da ich im Moment doch nicht so viel mit VMs hantiere, wie zunĂ€chst gedacht. Die fehlende Erweiterungsoption könnte mich hier aber vielleicht einmal einholen.
Harddisk
NatĂŒrlich eine SSD, aber nicht besonders groĂ. Was OK fĂŒr mich ist, meine ganzen Fotos lagern sowieso nicht lokal auf den PCs und ich lade mir bei der bescheidenen Internetverbindung hier auch nicht jeden Tag gewaltige Datenmengen herunter.
Das GerĂ€t hat manchmal sekundenlange Aussetzer, in denen ânichtsâ passiert, und irgendwie bringe ich das mit der SSD in Verbindung. Allerdings ohne es bisher beweisen zu können.
Tastatur & Trackpad
Die Tastatur ist tatsĂ€chlich fĂŒr mich – neben dem nervigen LĂŒfter – das gröĂte Problem: Lenovo hatte die blöde Idee an den rechten Rand, also neben Return und Backspace, noch eine Tastenspalte zu quetschen und zwar mit so wichtigen Tasten wie Pos1, Ende, Page up/down. Alle, wirklich alle GerĂ€te, die ich sonst nutze, haben keine derartigen, ĂŒberflĂŒssigen Tasten an dieser Stelle. Wie sehr sich mein Gehirn angewöhnt hat bei der Suche nach Löschen, Zeilenumbruch und Shift einfach den rechten GerĂ€terand mit den Fingern zu suchen und dann auf die ersten dort vorgefundenen Tasten zu klicken ist mir sehr schnell klar geworden.

LÀnger hat es gedauert bis klar war, dass sich mein Gehirn nicht so ohne weiteres umprogrammieren lÀsst, jedenfalls nicht, solange ich die anderen GerÀte weiter nutze. Was ich tue. Und so verfluche ich das Yoga und die Designer seiner Tastatur bis heute, wenn ich meine ersten Zeilen eingebe und beim ersten Versuch ein falsches Zeichen zu löschen am Zeilenanfang lande.
Das Trackpad ist hingegen OK, wobei ich inzwischen einfach gröĂere Pads gewohnt bin und die hier gewĂ€hlte Aufteilung zwischen einer Seite fĂŒr âlinken Mausklickâ und einer fĂŒr ârechten Mausklickâ unsinnig und irritierend finde.
Batterie
Laut Prospekt âmehr als 8 Stundenâ. Aber das ist gelogen. FĂŒr mich ist das Yoga kein GerĂ€t, mit dem man einfach morgens ohne LadegerĂ€t aus dem Haus gehen und sicher sein kann nicht irgendwann in Probleme zu geraten. So wie es beim MacBook der Fall ist.
Gerade am Anfang war das Yoga schockierend schnell leer, z. B. wenn man ein Windows Update machte, weitere Software installierte und nebenher normal damit arbeitete. Gleichzeitig ist das LadegerÀt ein echter Klotz, den man nicht mitschleppen möchte.
Betriebssystem
Kein Linux, sondern Windows 10. Auch hier haben sich die Folgen der Ăsthetik gezeigt: FĂŒr die Laptops mit den extrem schlanken Bauformen und aktuellen Bauteilen ist die Treiberlage einfach schlecht und selbst wenn man es schaffen sollte darauf ein Linux zum Laufen zu bringen kann man nicht damit rechnen die gleiche Performance – z. B. bei der Batterielebensdauer – zu erreichen wie unter Windows.
Und im Grunde gefĂ€llt mir Windows 10 wirklich gut: Schicke OberflĂ€che, weit moderner fĂŒr meinen Geschmack als das, was Apple heute hat, wenn auch natĂŒrlich nicht so aufgerĂ€umt wie das Material Design, welches in ChromeOS nach und nach Einzug hĂ€lt. Und die SĂŒnden und Fehler aus Windows 8 wurden zum gröĂten Teil rausgeworfen oder minimiert.
Und Linux kann man in ganz unterschiedlichem Umfang fĂŒr Entwicklungszwecke ja trotzdem bekommen, wenigstens wenn einem die Kommandozeile im wesentlichen ausreicht: Abgesehen von der klassischen VM gibt es seit einiger Zeit von Microsoft das sogn. Linux Subsystem, welches einem die Bash bringt. Und fĂŒr etwas weniger anspruchsvolle Zwecke reicht vielleicht auch schon die Cmder Shell aus.
Aber, aberâŠ.
…wieso ich das GerĂ€t behalten habe, trotz der ganzen nervenden Punkte? Vielleicht hĂ€tte ich es wirklich zurĂŒckgeben sollen, insbesondere wegen der Tastatur. Allerdings dachte ich damals noch, dass ich mich daran bestimmt gewöhnen wĂŒrde.
Und auf der anderen Seite ist das GerĂ€t fĂŒr meinen Geschmack wirklich, wirklich schön. Wer hat nicht gern Werkzeug, welches (auch) gut aussieht? Dadurch zieht das Yoga immer mal wieder interessierte KollegInnen an und sorgt fĂŒr Diskussionen đ Das GehĂ€use hat eine hohe Steifigkeit, die bei einem so dĂŒnnen GerĂ€t verblĂŒfft, und dem MetallgehĂ€use des MacBooks nicht nachsteht.
Aber wĂŒrde ich es noch einmal kaufen? Vermutlich nicht. Denn beim nĂ€chsten Kauf hĂ€tte ich diese PrioritĂ€ten:
- Das GerÀt sollte weiterhin eine gewisse Eleganz und Schlankheit haben (ja, ich kann da nicht aus meiner Haut)
- Die Tastatur muss zu mir passen bzw. meinen Gewohnheiten entsprechen, das Trackpad sollte möglichst groà sein
- Der Bildschirm muss nicht matt sein, aber er sollte auch nicht so extrem stark spiegeln. Touch ist OK, aber kein MUSS
- Wenn schon LĂŒfter, dann bitte leise oder selten genutzt
- Der Akku sollte einen durch den Tag bringen
Ansonsten natĂŒrlich eine gewisse GrundleistungsfĂ€higkeit (SSD, RAM, etc.). Diese Liste fĂŒhrt eigentlich automatisch dazu, dass man das GerĂ€t ein paar Tage nutzen muss, da sich gerade die Frage ob man in der Lage ist sich auf bestimmte Eigenarten einzustellen, oder ob sie ein dauerhafter Stein des AnstoĂes sein werden, sonst kaum beurteilen lĂ€sst.