Wenn die Ostereier in diesem Jahr ungefärbt waren, dann hat man vielleicht ein neues Logo darauf entdecken können, das Logo von respeggt. Damit werden Eier gekennzeichnet, die ohne das Töten von männlichen Küken bei der Zucht der Legehennen auskommen. Dieser Abschnitt aus der respeggt-Webseite sagt dazu:
Das respeggt-Siegel steht für das Versprechen: „Ohne Kükentöten“. Dank einer lückenlosen Prüfung der Lieferkette wird garantiert, dass nur Produkte das Siegel tragen, die die Forderung „Ohne Kükentöten“ erfüllen.
An dem respeggt-Siegel erkennt der Verbraucher sofort, dass es sich um Eier handelt, in deren gesamter Lieferkette die Grundsätze des respeggt-Versprechens eingehalten werden. Die Nutzung einer Blockchain-Technologie stellt sicher, dass jedes Ei, das das respeggt-Siegel trägt, lückenlos verfolgt und auf das Einhalten des respeggt-Versprechens verifiziert wird.
Das hört sich sowohl in ethischer wie auch in technologischer Hinsicht interessant an. Aber wie funktioniert das?
Was ist die Aufgabe
Die respeggt-Group ist selbst kein Eierproduzent, sie hat das Qualitätssiegel entwickelt und betreibt das System zur Sicherung dieser Qualität. Damit das Siegel glaubwürdig ist müssen dabei mindestens diese Dinge beleg- und nachvollziehbar sein und zwar lückenlos:
- Von welchem Legehennenbetrieb kommt das mit dem Siegel gekennzeichnete Ei
- Von welcher Henne wurde das Ei dort gelegt
- In welchem Aufzuchtbetrieb wurde die Henne großgezogen
- Woher kam das Ei, aus dem die Henne geschlüpft ist
- Wie wurde in der Brüterei mit den männlichen Küken der Eier umgegangen, die zusammen mit dem Ei, aus dem die Henne geschlüpft ist, bebrütet wurden. Diese Frage ist das eigentliche Fundament des Qualitätssiegels
Bis das respeggt-Ei in die Handelsketten und zum Endkunden kommt sind also schon auf mehreren Ebenen Unternehmen mit unterschiedlichen Aufgaben beteiligt, und in jedem dieser Unternehmen und auch bei den Transporten von Hühnern und Eiern zwischen ihnen gibt es Potentiale für Fehler oder gar absichtliche Verstöße gegen die Richtlinien.
Das Supply Chain Monitoring System für so eine Produktions- und Lieferkette ist schon eine komplexe Aufgabe, um das Vertrauen der Verbraucher*innen zu gewinnen muss aber auch plausibel gemacht werden, dass die Dokumentationen dazu vollständig und fälschungssicher sind.
Was kann die Blockchain dazu tun
Für die Blockchain Technologie, die mit dem Aufstieg von Kryptowährungen wie Bitcoin Bekanntheit erlangte, werden schon lange weitere Einsatzfelder diskutiert. Genauer gesagt muss es dabei nicht unbedingt eine Blockchain sein, sondern generell eine Distributed-Ledger-Technologie, was man als verteiltes Kassenbuch übersetzen kann, und Blockchain ist dabei das heute am weitesten verbreitete Verfahren.
Eine Distribute-Ledger-Technologie hat dabei mehrere interessante Eigenschaften, hier sind es wohl diese beiden, die wesentlich sind:
- Das ‚Kassenbuch‘ ist kryptografisch so abgesichert, das nachträgliche Änderungen nicht möglich sind, zumindest nicht ohne das sie auffallen. Die Blöcke in der Blockkette verweisen dazu aufeinander und bilden so eine Kette, die nicht unterbrochen werden kann
- Bei einem echten verteilten Kassenbuch gibt keinen zentralen Akteur, der uneingeschränkt über das Kassenbuch bestimmt, es sich mehrere Akteure notwendig, um den nächsten Dokumentationsabschnitt (= Block) zu bestätigen und damit unveränderlich zu machen. Allerdings ist mir beim respeggt-System nicht klar, ob das Sinn macht bzw. so umgesetzt wurde
Diese Eigenschaften sind etwa in der Bildungslandschaft die Grundlage für Überlegungen über eine Blockchain fälschungssichere und allgemein zugängliche Dokumentationen von Abschlüssen bzw. Bildungszertifikaten aufzubauen, die je nach Nutzungsweise auch ohne zentrale Datenhaltung auskommen könnte. Dabei müssen ’nur‘ noch ein paar Hürden überwunden werden, etwa die, das nicht komplette Zeugnisse in die Blockchain aufgenommen werden können: Die personenbezogenen Daten darin würden sich nie mehr daraus entfernen lassen, was sich nicht mit der DSGVO vereinbaren lässt. Hier könnte mit Dokumentenhashes gearbeitet werden, über die sich dann Dokumente, die von Absolvent*innen präsentiert werden, validieren lassen.
Eine andere Idee – und hier kommen wir denke ich dem Einsatzszenario bei den respeggt-Eiern schon näher – ist das hier beschriebene Verfahren für Diamanten Herkunftsnachweise zu realisieren. Und so den Nachweis zu führen, dass es sich nicht um sogenannte Blutdiamanten handelt. Ob dieses Verfahren inzwischen tatsächlich eingeführt und genutzt wird habe ich leider nicht herausgefunden, aber das liegt vielleicht in der Natur der Sache:
Während die Bitcoin Blockchain vom Prinzip her öffentlich sein muss, würden sich die am Diamantenhandel beteiligten Parteien wohl eher nicht völlig frei in die Karten schauen lassen. Hier wird die Blockchain dann zu einem internen Werkzeug für Unternehmen, die sich nicht völlig (oder überhaupt nicht) vertrauen können, aber damit eine gegenseitige Kontrollmöglichkeit erhalten könnten ohne eine zentralisierte Struktur.
Leider habe ich auch zur respeggt-Blockchain keine konkreteren Angaben im Netz finden können, die inhaltlich über den oben zitierten Satz hinausgehen. Es gibt nur von Telefonica dieses Paper (PDF), welches im Kontext des Internet of Things die Anbindung von respeggt-Infrastrukturen beschreibt. Vielleicht speisen verschiedene Gerätschaften wie die Drucker, die das Siegel auf die Eier drucken, ihre Daten so gleich in die Blockchain ein? Leider ist auch nicht klar wer genau wie tief in die Blockchain schauen kann und was genau da alles drin steht. Als Endkunde kann man nur hier seinen Eiercode online prüfen.
Trotzdem ist das für mich eines der bisher noch wenigen Beispiele, in denen die Blockchain Technologie jenseits von Bitcoin ganz direkt nutzbar geworden ist.