Zwei Jahre Android Security Rewards – Was hat sich verändert?

Vor nun zwei Jahren hat Google mit den Android Security Rewards sein spezielles Bug-Bounty-Programm für Android gestartet. Kurz bevor mit den ersten Stagefright Sicherheitslücken die Kritik an der damaligen, desolaten Sicherheitslage Androids ein Allzeithoch erreichte. Im Android Entwicklerblog hat Google nun ein Fazit dazu gezogen, wie sich die Situation seit damals entwickelt hat. Der Post ist recht kurz, aber trotzdem in seinen Details interessant:

Android Update - Rot

Ein steter Strom von Bugreports

Man kann wohl sagen, dass dieses Bug-Bounty-Programm heute funktioniert: Im letzten Jahr sind mehr als 450 Reports eingegangen. Es vergeht damit wohl kaum ein Tag bei Google, an dem nicht eine Fehlermeldung eintrifft. Das ist zunächst einmal ein echter Erfolg, auch wenn daraus natürlich Schlagzeilen entstehen wie z. B. diese hier: „Android Was 2016’s Most Vulnerable Product.

Da Google den Android Quellcode im Android Open Source Project (AOSP) veröffentlicht kann sich hier faktisch jedeR an der Fehlersuche beteiligen und damit Geld und Anerkennung verdienen. Und tatsächlich tut dies eine große Zahl von Leuten.

In gewisser Weise bestätigt Android damit das von Open Source Verfechtern gern ins Feld geführte Argument, wonach die Offenheit auch gleichzeitig für eine bessere Sicherheit sorge, weil eben viele Menschen ohne große Hürden nach Fehlern suchen können. Auf der anderen Seite zeigt aber der Erfolg des Bug-Bounty-Programms auch was für ein wichtiger Faktor der finanzielle Anreiz sein kann. Dieser Anreiz fehlt bei vielen Open Source Projekten.

Mehr Geld, mehr Bugreports?

1,1 Millionen Dollar hat Google laut dem Bericht in den letzten 12 Monaten ausgeschüttet, was einer durchschnittlichen Summe von mehr als 10.000$ pro Sicherheitsforscher entspräche. Natürlich gibt es Personen / Gruppen, die durch besonders viele Meldungen herausstechen, Google selbst hebt hier das C0RE Team hervor, welches allein 118 Reports eingereicht und dafür 300.000$ erhalten hat.

Die höchsten Belohungsstufen wurden dabei aber bisher nicht erreicht, Google hebt diese Belohnungen nun auf das 4- bzw. 5-fache der bisherigen Werte. Damit könnte man nun 6-stellige Summen allein für einen einzigen Bugreport erhalten.

Google steht hier – wie heute alle großen IT Unternehmen – in starker Konkurrenz zu staatlichen Stellen aus aller Welt, die für ihre Geheimdienste nach ‚Cyberwaffen‘ Ausschau halten und sich dazu privater Dienstleister bedienen, für die die Suche nach Einbruchsmöglichkeiten in populäre Software zu einem profitablem Geschäft geworden ist. Hier kann man mit einem funktionierenden Exploit in das weltweit meistgenutzte Betriebssystem vermutlich noch weitaus höhere Gewinne erzielen.

Das ein hoher Belohnungspreis ein Bug-Bounty-Programm nicht automatisch erfolgreich machen muss hat der gescheiterte Versuch von Googles Project Zero gezeigt: Dieses wollte mit dem Project Zero Price ein eigenes Programm auf die Beine zu stellen, welches ebenfalls 6-stellige Summen für hochwertige Angriffe auf Android in Aussicht stellte. Es erhielt aber keine einzige relevante Einreichung und wurde wieder eingestellt.

Ein breiter aufgestelltes Programm wie die Android Security Rewards kann da durchaus erfolgreicher sein, auch wenn bzw. gerade weil seine Belohnungsstaffelung bei deutlich kleineren Summen beginnt: Dadurch erhöht sich die Zahl der beitragenden ForscherInnen und der Versuch einzelne Fehler zu horten, bis sie sich zu einem leistungsfähigeren Exploit kombinieren lassen, ist dann mit dem großen Risiko verbunden, dass jemand anderes einen der Fehler findet, die Belohnung erhält und Google die Lücke schließt.

Welche Geräte sind für sicherheitsbewusste Android NutzerInnen kaufbar?

Im Oktober 2015 – gezwungen durch das Stagefright Debakel – entschied sich Google einen lange überfälligen Schritt zu machen: Damals begann das Programm der monatlichen Android Sicherheitsupdates. Bis dahin gab es den absurden Zustand, in dem Google Meldungen über Sicherheitslücken zwar einsammelte, aber faktisch niemand zeitnah davon profitieren konnte. Durch die neuen Updates waren zuerst nur die direkt von Google kontrollierten Android Geräte wieder auf einem akzeptablen Sicherheitslevel, aber allmählich auch die Produkte einiger anderer Hersteller.

Android Upate

Und auch darüber gibt der aktuelle Blogpost Auskunft: Bei welchen Herstellern von Android Geräten ist meine Chance groß, dass diese zeitnah Sicherheitsupdates bekommen? Google sagt dabei zum einen dies:

Over 100 device models have a majority of their deployed devices running a security update from the last 90 days

Die dann gezeigte Tabelle mit konkreten Geräten lässt trotz ihrer etwas anderen Semantik (‚This table shows the models with a majority of deployed devices running a security update from the last two months‘) eigentlich nur einen Schluss zu: Wer keines der wenigen direkt von Google kommenden Gerät kaufen kann oder will, der sollte zu einem Samsung Gerät greifen. Samsung hat mit Abstand die größte Zahl von Geräten in dieser Liste und kann damit wohl als Vorbild bei der Updatepolitik gelten (wobei es hier wohlgemerkt nicht um Updates der Android Version geht, dass ist noch mal ein ganz anderes Thema).

Fazit: Auf dem richtigen Weg (aber der Weg ist noch weit)

Google ist es augenscheinlich gelungen ein lebendiges Umfeld von Sicherheitsforschern zu schaffen, die zur Android Sicherheit beitragen. Die ausgeschütteten Summen – auch wenn es sich dabei inzwischen um einen Millionenbetrag handelt – sind dabei vermutlich immer noch ‚günstig‘. Muss man das Fazit ziehen, dass Android angesichts der weiterhin hohen Zahl von monatlichen Fehlerkorrekturen besonders unsicher ist?

Das finde ich schwer zu beurteilen, auch andere (Betriebs-)Systeme haben durchaus ansehnliche Zahlen an korrigierten Fehlern vorzuweisen und faktisch ist jeder korrigierte Fehler einer weniger, den jemand anderes schon im Geheimen gefunden und ausgenutzt haben könnte. Nur falls auch in den kommenden Jahren die Zahl der in Android gefundenen Fehler so hoch bleibt wäre das ein sicheres Zeichen, dass mit der Codebasis bzw. der Weiterentwicklung etwas grundsätzlich nicht in Ordnung ist.

Weiterhin das größte Problem des Android Ökosystems ist aber das Fehlen von Updates für die Masse der inzwischen mehr als 2 Milliarden Geräte. Auch wenn Google die ‚mehr als 100 Modelle‘ nicht genau benennt, bei denen die Mehrheit der NutzerInnen wenigstens ein maximal 3 Monate altes Sicherheitslevel erreicht hat, kann man auf Grund der Vielzahl von Android Geräten – siehe die immer wieder gern zitierte Auswertung von OpenSignal aus dem Jahr 2015 – davon ausgehen, das dies nur ein Bruchteil der in aktiver Nutzung befindlichen Geräte ist.

Auch hier muss es die Zeit erst zeigen, ob die Seamless Updates, die mit Android N eingeführt wurden, und die in Android O mit dem Project Treble geplante stärkere Separierung von Betriebssystemteilen in der Lage sein werden eine signifikante Verbesserung zu bringen. Angesichts der gewohnt langsamen Ausbreitung neuer Android Versionen kann man von diesen Verbesserungen aber bestenfalls in einigen Jahren einen sichtbaren Effekt erwarten.

Bis dahin wird es wohl insbesondere den im Hintergrund von Google durchgeführten Prüfungen im Play Store und auf den Endgeräten überlassen bleiben Angriffe zu verhindert.